Über den Autor:
Rechtsanwalt Niklas Clamann betreibt eine auf das Familienrecht spezialisierte Kanzlei in Münster und hat sich mit dem Thema der Scheidungsimmobilie auseinandergesetzt.
Website: https://www.online-scheidung-deutschland.de/
„Was machen wir mit dem Haus?“ – Wenn das Zuhause zur Streitfrage wird
Es war das große gemeinsame Projekt: Ein Haus am Stadtrand von Münster, mit Garten, Platz für zwei Kinder und einem Arbeitszimmer unterm Dach. Jetzt, ein paar Jahre später, sitzen die Eheleute an getrennten Tischen – und stellen sich dieselbe Frage: Wer darf bleiben? Wer muss gehen? Und was passiert mit dem Kredit?
Als Anwalt für Familienrecht weiß ich, wie kompliziert es für getrenntlebende Ehepartner sein kann, sich über die gemeinsam angeschaffte Immobilie zu einigen. In diesem Beitrag erkläre ich, welche Optionen es gibt, worauf Sie achten sollten – und warum die richtigen Entscheidungen jetzt doppelt zählen.
Eigentum endet nicht mit der Ehe
Was viele überraschen dürfte: Wer eine Immobilie gemeinsam gekauft hat, bleibt auch nach der Trennung oder Scheidung rechtlich Miteigentümer – so lange, bis notariell etwas anderes vereinbart wird. Entscheidend ist allein das Grundbuch. Ob einer bisher den Kredit allein gezahlt hat oder aus der Immobilie auszieht, spielt dafür erstmal keine Rolle.
Die vier typischen Wege – und ihre Tücken
- Einer bleibt – der andere geht (gegen Ausgleich)
Wenn einer der Ehepartner das Eigentum an der Immobilie allein übernehmen möchte, ist das grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist: Der andere wird ausbezahlt, ein realistischer Marktwert wird festgelegt, und die Kreditfrage wird geklärt. Wichtig: Eine sogenannte Haftungsfreistellung von einem gemeinsamen Kredit ist nur mit Zustimmung der Bank möglich – und an die Bonität des Übernehmers gebunden. - Verkaufen – manchmal die sauberste Lösung
Können oder wollen beide nicht übernehmen, bleibt der Verkauf. Der Erlös wird nach Eigentumsanteilen geteilt – und kann helfen, beide Seiten wirtschaftlich zu entlasten. Gerade in Münster, wo der Immobilienmarkt stark lageabhängig ist, lohnt sich die Beratung durch einen regional erfahrenen Makler. - Vermietung – vorübergehend gemeinsam wirtschaften
In manchen Fällen ist der Verkauf finanziell nicht attraktiv. Dann kann eine Vermietung auf Zeit sinnvoll sein. Die Einnahmen werden genutzt, um laufende Raten zu tilgen. Allerdings: Diese Lösung setzt Vertrauen und Kooperationsbereitschaft voraus. - Teilungsversteigerung – das letzte Mittel
Wenn alle Stricke reißen und keine Einigung gelingt, kann ein Ehepartner beim Amtsgericht die Versteigerung beantragen. Das Verfahren ist allerdings teuer, dauert lange und führt oft zu einem geringeren Verkaufserlös – und verstärkt häufig auch den persönlichen Konflikt.
Wer darf nach der Trennung im Haus wohnen?
Im Grundsatz gilt: Beide Miteigentümer haben das gleiche Wohnrecht – selbst wenn sie sich getrennt haben. Wer auszieht, verliert dieses Recht jedoch mit der Zeit, insbesondere wenn er es über Monate nicht mehr nutzt.
Zieht einer freiwillig aus, kann er eine sogenannte Nutzungsentschädigung fordern – also einen Ausgleich dafür, dass der andere die Immobilie allein bewohnt. Diese muss aktiv eingefordert werden, sonst verfällt der Anspruch.
Kommt es zum Streit, kann das Familiengericht eine Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB vornehmen – in der Regel nur, wenn Härtefälle wie Gewalt oder Kindeswohlgefährdung vorliegen.
Und der Kredit? Der läuft einfach weiter
Viele denken, mit dem Auszug sei die Haftung erledigt – doch bei gemeinsamen Darlehen bleiben beide Vertragspartner voll verantwortlich. Zahlt einer allein, kann er die Hälfte der Raten vom anderen zurückverlangen – auch rückwirkend. Eine Entlassung aus der Haftung ist nur mit Zustimmung der Bank möglich.
Wer hier vorschnell handelt oder mündliche Absprachen trifft, riskiert böse Überraschungen. Daher: Lassen Sie frühzeitig prüfen, ob eine saubere Entflechtung realistisch ist – und wie diese rechtssicher geregelt werden kann.
Früh klären, was später teuer wird
Eine faire Lösung bei Trennung oder Scheidung beginnt nicht mit der letzten Auseinandersetzung – sondern mit einem klaren Blick auf die Fakten. Ob Verkauf, Übernahme oder Vermietung: Ohne rechtlichen Rahmen wird aus der Immobilie sonst schnell ein zusätzlicher Konfliktherd.
Mit einer notariell beurkundeten Vereinbarung, z. B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung, können Eigentumsverhältnisse, Zahlungsregelungen und Haftungsfragen klar und rechtssicher geregelt werden.